Auf welchem Weg kann man entkommen?
Mobbing. Eines der übelsten Worte, die man sich ausdenken konnte.
Schon nachdem man sich das Wort durch den Kopf gehen lässt, zuckt vielen von uns der Magen sofort zusammen, begleitet von Bildern der Vergangenheit; wie peinlichen Situationen, Nuschelei, Nörgelei, Beleidigungen, Drohungen, bis in die Stille des Alleingelassen-seins.
Wie man sehen kann, hat Mobbing viele Gesichter. Viele erleben es auf verschiedene Art und Weise, dennoch empfinden wir alle das Gleiche – und es trifft mit einem heftigen Schlag direkt ins Herz.
Aber wieso ist es so? Wo ist die Brutstätte dieses Übels? Wie können wir entkommen – können wir es überhaupt?
Zuerst googeln wir mal nach Mobbing.
„Mobbing bezeichnet einen Prozess der systematischen Ausgrenzung und Erniedrigung eines anderen Menschen, die von einer oder mehreren Personen betrieben werden. Diese feindseligen Handlungen geschehen mit einer gewissen Regelmäßigkeit … „(Stangl, 2021,1).“
Aber wieso tut man so was? Was ist der Sinn darin, andere zu beleidigen oder zu schikanieren?
Versuchen wir zuerst mal, einen Sinn zu finden, oder mindestens zu erkennen.
Einer der Leitsätze, der seit meiner Kindheit festsitzen blieb, beschreibt perfekt den Neid auf das Glück der anderen, das zu oft durch Gewalt weggenommen wird.
„Meine Kuh ist gestorben, Nachbars Kuh muss deshalb auch …“
Wenn es mir nicht gut geht, sollte es dir auch nicht gut gehen. Man nennt es manchmal sogar „Wie im Kindergarten“ – aber ist es nicht eine Beleidigung für die vielen Kindergärtner/innen und die anderen Lehrkräfte? Schliesslich wird man nicht mit Neid oder Aufmerksamkeitsdefizit geboren, sondern von der Gesellschaft wie zum Beispiel der Familie, öffentlichen Einrichtungen oder sogar am Spielplatz oft unbewusst beeinflusst.
Jemandem etwas heimzuzahlen ist meist eine impulsive Reaktion, doch das Bedürfnis kann auch später immer wieder hochkommen – und leider oft bei anderen, die für dieses Leid überhaupt nicht verantwortlich sind. Wenn man nachdenkt, ist es ziemlich fies, wie oft wir selbst wie Dominosteine in einer scheinbar unaufhaltbaren Kettenreaktion fallen – wenn wir uns unbewusst sind.
Der Fall mit der Nachbars-Kuh, die dennoch nicht gestorben ist und glücklich und zufrieden lebt, vielleicht bis heute …
Aber wieso kommt es so, dass an manchen von uns Ärger, Beleidigung und Schikanieren abprallen, wie Fliegen an einem geschlossenen Fenster; dass manche von uns diese Empfindungen überhaupt nicht bemerken?
Ich erinnere mich an meine Praktikumszeit und auch danach, dass ich ständig von Gruppe zu Gruppe versetzt wurde und immer alles praktisch von vorne lernen musste. Schliesslich kam eine Kollegin zu mir und sagte, ich solle mir das nicht gefallen lassen. Ich sah sie an und sagte, ich sähe es eher als Chance, durch die ich mehrere Ebenen der Erziehungsmethodik beobachten könne. Sie schüttelte nur den Kopf und ging weg. Ich habe erst während meiner weiteren Ausbildung bemerkt, dass sie mich vor Mobbing bewahren wollte. Tja, ich war wie besessen von dieser Einrichtung. Nur deshalb fühlte sich die viele Arbeit nicht wie ein Problem, sondern wie eine Herausforderung an.
Mobbing ist individuell und es kommt darauf an, wie eine Person damit umgeht. Wir gehen alle verschieden mit Menschen und Stresssituationen um.
In der Schule war es etwas anderes. Ich gehörte zu den coolen Kids. Ja, in einem Kreis zu sein macht Spass – solange man drin ist. Natürlich hatten wir auch unseren Alpha, der vieles bestimmte. Er war sogar nett, solange man seine Meinung teilte.
Als ich seine Schikanen an einer Klassenkameradin nicht länger ertragen konnte, fand ich mich plötzlich ausserhalb dieses Kreises. Was soll ich sagen, er war wirklich geschickt darin, Terror auszuüben – aber ich habe auch mitgemacht und habe einfach darüber geschwiegen. Ich habe weder Hilfe geholt noch mich gewehrt.
Tja, wenn ich damals dieses Training gekannt hätte …
Es war mir einfach nicht bewusst, was ich machen könnte. Bei uns Zuhause, und auch bei vielen anderen, wurde/wird gesagt: „Versuche es selbst zu lösen“. Aber wenn man mit plötzlicher Gewalt konfrontiert wird, werden Kampf-oder-Flucht-Reaktionen ausgelöst, was in meinem Fall eine klare Flucht war.
Dies ging ein ganzes Jahr lang, in dem ich nicht nur „meinen Status“, sondern auch meine beste Freundin verloren habe, die mich aus Angst, dass ihr das Gleiche wie mir widerfahren könnte, sitzen liess.
Es dauerte eine Weile, bis ich diese Ereignisse „einordnen“ konnte. Erst Jahre später, als ich mich mit dem psychologischen Hintergrund dessen, wie ein Täter „entsteht“ auseinandergesetzt habe, habe ich nicht nur die Dynamik der Gruppe alias Herdengeist erkannt, sondern mir ist auch bewusst geworden: Die wurden mal auch „erwischt“ und sie sind jetzt nur Echos ihrer Vergangenheit. „Vergeben ist ein Segen“.
Apropos Segen. Ganz zu schweigen davon, welche Vorteile so eine Ausgrenzung mitbringen kann.
Was?
Ja, du hast richtig gelesen. Vorteile.
Es ist wichtig, das Positive in negativen Situationen zu erkennen – auch wenn dies erst Jahre später passiert.
Ich erkenne das Positive darin, dass mich nicht nur von einem Tyrannen, sondern auch vom Herdengeist lösen konnte, was es mir erlaubte, meine eigenständigen Gedanken und Meinungen zu entwickeln und mir den Massen-Trend-Wahn ersparte. Auch allein sein, und zwar mit Freude, lernte ich in dieser Zeit.
Hass mit Liebe begegnen.
Mobbing ist etwas Verbotenes. Aber jetzt mal ehrlich, wen hält das zurück?
Aber wie sollten wir das bekämpfen? Sollten wir das überhaupt? Sollten wir es uns tatsächlich nicht gefallen lassen und gleich in den Krieg ziehen, auch wenn unser Krieg uns heilig erscheint?
Hätte ich dies damals geglaubt, dann hätte ich wahrscheinlich keine Einstellung nach Praktikum bekommen.
Hätte ich damals unser Alpha zurückgeschlagen, wäre ich verprügelt worden so viel Aggression in ihm steckte, woher auch immer er diese mitschleppte.
Ich will jetzt keinen Religionsunterricht hereinziehen und darüber diskutieren, wer der erste Freigeist war, der es zuerst erkannte, dass etwas zu bekämpfen hat noch nie langfristig ausgezahlt.
Revanche zu nehmen, scheint im Moment Befriedigung zu geben, aber sie bringt niemals Frieden. Diese negativen Erlebnisse poppen immer wieder auf die Uhr auf, um unsere unbewussten Codierungen immer wieder „im richtigen Zeitpunkt“ abzuspielen.
Hätte ich damals diese Resilienz Technik gekannt, wäre mein Leben wahrscheinlich viel leichter …

Ich bin sicher, viele von uns haben mal mit dem Gedanken gespielt: wenn du Zeitreisen könntest, was würdest du ändern? Ich hätte niemanden und gar nichts verändert. (Okay… an der Stelle muss ich zugeben, wenn man alleingelassen wird, kann man vieles, sehr vieles machen.) Ich habe mir nichts anderes gewünscht als eine Konversation mit mir selbst. Zu mir zu sagen: ja es ist hart, aber nur so lange, bis du dagegen kämpfst. Nur so lange, bis du es dir zu Herzen nimmst. Kack einfach darauf, anstatt den Frust, die Enttäuschung, die Wut und den Neid anderer auch noch auf deine Schulter zu nehmen. Lass all das einfach an dir vorbeisausen. Es braucht nur einen kleinen Tritt auf die Seite, weit genug, um der Negativität zu entkommen, aber genug nach, um es bewusst zu beobachten und aus den Geschichten anderer zu lernen.
Verschleppe dich nicht in negativen Meinungen und Erinnerungen. Sei bewusster, nütze deine Zeit und lerne, wie du mit deinen Mitmenschen umgehen kannst.
Vergeben ist ein Segen.
Ich bin in einem Umfeld aufgewachsen, in dem Sucht, Misshandlungen, Mobbing, physische Gewalt und emotionale Erpressung zum täglichen Leben gehörten; sei es in der Schule oder Zuhause. Ich wurde vom gesellschaftlichen Leben getrennt, allein gelassen, doch erwartete man von mir, dass ich brav „Sitz, Platz“ folge. Dass ich unsichtbar bleibe, und damit umgehe hin- und hergeschoben zu werden.
Wie oft erzählt man, dass man als Kind geschlagen wurde und wie man es hasste. Doch jetzt, als Erwachsene, ist man oft überzeugt, dass eine gut gezielte Kopfnuss noch niemandem geschadet hat, oder „Es war nur mein Finke“ und es sei sogar förderlich gewesen. Ich wünschte, in diesem Moment könnte unser inneres Kind mal kurz aus uns heraustreten und mit schräg gehaltenem Kopf und hochgezogenen Augenbrauen fragen: „Echt jetzt? Also früher, als dein Gesicht noch nach dem Schlag brannte, hast du das nicht so gemeint …“
Wer ist schuld daran?
Verschleppe dich nicht in negativen Meinungen und Erinnerungen.
Unsere Eltern, die uns nicht geliebt haben oder keine Zeit für uns hatten? Unsere damaligen ausgebrannten Lehrer und Lehrerinnen, die selbst vergessen hatten, wieso sie diese Berufung damals wählten? Bei den Nachbarskindern, die über uns nuschelten und „absichtlich“ nicht mit uns spielen wollten? Wer ist schuld daran?
Schuld auf andere zu schieben ist die einfachste Art, damit umzugehen, aber ist es auch effektiv?
Eine bessere Frage ist, ob wir unsere Zeit vergeuden sollten, um Schuldige zu finden.
Und somit geben wir vielleicht einfach dieses Gefühl weiter, und fallen wie die anderen „Dominosteinen“?
Oder sollten wir einfach mit der Schulter zucken, uns umdrehen und weggehen?
In meinem Fall hatte es meine Familie nicht einmal böse gemeint. Sie waren einfach mit ihren eigenen Sorgen und Dämonen ihrer Kindheit beschäftigt, natürlich unbewusst.
Es dauerte lange, bis ich mich von meiner Vergangenheit lösen konnte. Aber dann passierte es schlagartig, als mir bewusst wurde, dass ihre Handlungen unbewusst und lediglich Muster-Reaktionen ihrer Vergangenheit waren.
Der Schlüssel zum Entkommen ist Achtsamkeit.
Natürlich heisst es nicht, dass wenn wir jemanden vergeben, diese Person uns weiterhin mit den Füssen treten darf. Klares nein!
Doch wir müssen erst mal die Tatsache akzeptieren, dass wir andere nicht ändern können. Aber wir können ändern, wie wir mit solchen Menschen umgehen.
Und entkommen?
Der Schlüssel zum Entkommen ist Achtsamkeit.
Ja, junge Padawan…
Mobbing ist individuell und es kommt darauf an, wie eine Person damit umgeht.
Stell dir vor, du besitzt die Macht der Achtsamkeit, die dir erlaubt, nicht nur sofort zu merken, wenn deine innere Bombe zündet, sondern sogar ruhig und objektiv zu handeln…
Oder wenn dich jemand wegen deines Aussehens kritisiert, und du sofort erkennst; dass die Person eigentlich mit sich selbst Probleme hat.
Wenn jemand Böses zu dir sagt, ist das nur ein Echo dessen, was man irgendwo selbst bekommen hat.
Sobald du merkst, dass es eigentlich überhaupt nicht um dich geht, beruhigst du dich allmählich.
Mobbing ist individuell und es kommt darauf an, wie eine Person damit umgeht.
„… Das ist der Weg.“